04.04.2022Der Krieg in der Ukraine

Humanitäres Leid, erwartete wirtschaftliche Folgen und Auswirkungen auf Ihren Versicherungsschutz durch den Krieg in der Ukraine. Wir klären auf.

Humanitäres Leid, erwartete wirtschaftliche Folgen und Auswirkungen auf Ihren Versicherungsschutz

Vor 2 Wochen begann der Angriff der russischen Armee auf die Ukraine. Seitdem sehen wir täglich fassungslos in den Berichterstattungen, welche furchtbaren Auswirkungen dieser Krieg hat und welches Leid er über die Menschen in der Ukraine bringt.

Neben diesen schrecklichen humanitären Folgen für die betroffene ukrainische Bevölkerung zieht dieser Krieg auch viele wirtschaftliche Konsequenzen für uns alle nach sich, die in den ersten Tagen der Auseinandersetzung mit Waffengewalt so noch nicht absehbar waren. Die seitens der westlichen Welt erklärten Sanktionen gegenüber Russland und Belarus entfalten erst jetzt ihre Wirkung, weitere Sanktionsverschärfungen sind möglich, ebenso Reaktionen Russlands.

Die Weltwirtschaft ist davon hart betroffen z. B. durch
  • stark steigende Rohstoff- und Energiepreise
  • Import-/ Exportverbote für bestimmte Waren
  • volatile Finanzmärkte
  • Belastungen der Staatshaushalte
  • i. v. m.

Als Ihr Ansprechpartner rund um Ihren Versicherungsschutz haben wir nachfolgend wichtige Auswirkungen in diesem Kontext für Sie zusammengefasst. Sollten Sie nähere Erläuterungen wünschen, so sprechen Sie uns bitte an.

Allgemeine Anmerkungen:

Grundsätzlich müssen Unternehmen mit internationalen Geschäftsbeziehungen die für sie geltenden Gesetze, Normen und Embargovorschriften kennen und beachten.

Die aktuell ausgesprochenen Sanktionen gegenüber Russland

  • beinhalten Ein- und Ausfuhrverbote für bestimmte Produkte (z. B. Militärtechnik, Chemie, Elektronik, Telekommunikation, Luft- und Raumfahrttechnik etc.)
  • richten sich gegen Firmen, Organisationen, namentlich genannte Personen
  • sind bei Verstoß straf- und bußgeldbewehrt

Fast allen Policen und Versicherungsbedingungen liegen sogenannte „Sanktionsklauseln“ zugrunde. Sofern diese greifen besteht kein Versicherungsschutz für etwaige Risiken von Unternehmen in Russland. Nähere Informationen können Sie auf der Website des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle erhalten.

Vor wenigen Tagen reagierte auch der russische Staat. So ist es staatlichen, russischen Versicherern wie z. B. Ingosstrakh verboten, Geschäft mit Versicherern und Versicherungsmaklern zu tätigen, die in den USA, UK oder der EU ansässig sind.

Zahlungsverkehr von- und nach Russland:

Auch der Zahlungsverkehr wurde inzwischen von vielen Staaten sanktioniert. Entschädigungen können nicht mehr ohne Weiteres nach Russland transferiert werden. Sollten Sie hierzu Informationsbedarf haben so finden Sie auf der Website der zuständigen Deutschen Bundesbank entsprechende Hinweise.

Ertragsausfalldeckungen:

Viele Unternehmen beenden aktuell die Geschäftsbeziehungen mit Russland. Durch die Kampfhandlungen in der Ukraine und die ausgesprochenen Sanktionen sind in einigen Branchen schon jetzt Lieferengpässe zu beobachten. Die hieraus resultierenden Ertragsausfälle sind nicht über bestehende Ertragsausfallpolicen abgedeckt – es fehlt der hierfür notwendige „versicherte Sachschaden.“

Der Ausschluss von Schäden durch Kriegsereignisse in den Versicherungspolicen:

Grundsätzlich finden sich in fast allen Versicherungssparten so genannte Kriegsausschlüsse wieder. Ein Kriegsereignis stellt auch für Erst- und Rückversicherer ein nicht kalkulierbares und steuerbares Kumulrisiko dar.

Der Kriegsausschluss ist wie folgt formuliert:

„Die Versicherung erstreckt sich ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen nicht auf Schäden durch Krieg, kriegsähnliche Ereignisse, Bürgerkrieg, Revolution, Rebellion oder Aufstand. Dieser Ausschluss gilt auch nach Beendigung der Kriegshandlungen: Spätschäden als adäquate Kriegsfolgen, wie z.B. infolge unentdeckter Minen oder Sprengladungen, bleiben dauerhaft ausgeschlossen.

Dieser generelle Ausschluss gilt i. d. R weltweit, in einigen Sparten gibt es Sonderregelungen (s.u.).

Auswirkungen des Krieges und der Sanktionen auf einzelne Versicherungssparten:

Haftpflichtversicherung:

Grundsätzlich sind Haftpflichtdeckungen im Rahmen und Umfang der jeweiligen Police weiterhin gültig, auch in Russland und der Ukraine. Die o.a. Ausführungen in Sachen „Sanktionen und Kriegsausschluss“ gelten auch für die Haftpflichtversicherung.

Sach- und Ertragsausfallversicherung:

Auch in der Sach- und Ertragsausfallversicherung sind mittelbare und unmittelbare Schäden durch Kriegsereignisse grundsätzlich ausgeschlossen. Es gelten auch hier die allgemeinen Ausführungen zu „Sanktionen.“

Aufgrund der aktuell zu beobachtenden, rasanten Preissteigerungen z.B. im Rohstoffbereich empfehlen wir Ihnen, eine Überprüfung der Versicherungssummen für die Positionen „Waren/ Vorräte/ Halb- und Fertigfabrikate“ vorzunehmen.

Durch die ebenfalls zu beobachtenden Lieferengpässe empfehlen wir darüber hinaus, eine ggfs. notwendige Haftzeitverlängerung in der Ertragsausfallversicherung zu prüfen.

Transportversicherung:

In der Regel besteht für auf Schiffen bzw. in Flugzeugen aktuell transportierte Waren Versicherungsschutz – auch durch Krieg. Landtransporte sind nicht gegen Krieg versichert. Die allgemeinen Ausführungen bezüglich der Sanktionen gelten auch für die Transportversicherung. Die Kriegsklausel beinhaltet ein kurzfristiges Sonderkündigungsrecht für Versicherer, von dem aktuell viele Versicherer Gebrauch machen. Diese Kündigung gilt i.d.R. nicht für See- und Lufttransporte, die vor Wirksamwerden der Kündigung begonnen haben.

Luftfahrtversicherungen:

Durch die Sanktionen ist es Unternehmen nicht gestattet, Luft- und Raumfahrttechnik etc. nach Russland zu liefern. Den Versicherern ist es auch hier verboten, Versicherungsschutz bereitzustellen. Dieses Verbot betrifft u.a. die Sparten Produkthaftpflicht, Transport, Sach sowie die Versicherung von Flugzeugen.

Gruppenunfallversicherung:

Werden in den Kriegsgebieten tätige Mitarbeiter vom Ausbruch des Krieges überrascht so gilt i.d.R. für Unfälle durch Kriegsereignisse Versicherungsschutz nur für eine Übergangszeit (passives Kriegsrisiko). Bitte sprechen Sie uns an, falls sich Mitarbeiter Ihres Unternehmens noch geschäftlich im Kriegsgebiet aufhalten.

D&O-Versicherung:

Die D&O-Versicherung kennt häufig keinen Kriegsausschluss. Unternehmer und Entscheider*innen unterliegen stets den Sorgfaltspflichten. Bei Verstößen gegen Sanktionen können hohe Bußgelder verhängt werden. Auch wenn Bußgelder nicht vom Versicherungsschutz umfasst sind stellt ein Sanktionsverstoß dennoch eine Pflichtverletzung des Managements dar. Es besteht eine erhebliche Unsicherheit, ob die Versicherer hierfür einstehen. Vorsatz gilt auch in der D&O-Versicherung nicht versichert. Auch kann es zu vermehrter Inanspruchnahme des Managements durch Gesellschafter und Aktionäre kommen, wenn z. B. auf bestehende Lieferkettenabhängigkeiten nicht rechtzeitig vom Management reagiert wurde.

Cyberversicherung:

Auch diese Versicherungssparte beinhaltet den Ausschluss „Krieg bzw. Cyberkrieg.“ Sollte dem Versicherer in einem Hacking-Schadenfall der Nachweis gelingen, dass der Hackerangriff in Russland seinen Ursprung hat, so besteht aktuell eine große Unsicherheit, ob Versicherer überhaupt Versicherungsschutz bieten. Sollte sich der russische Staat aktiv zu einem Hackerangriff bekennen so ist von einer Nichtleistung des Versicherers auszugehen.

Kreditversicherung:

Für Risiken in Russland, Belarus und der Ukraine werden die aktuell versicherten Limitbeträge von den Versicherern angepasst, reduziert oder gar ganz gestrichen. Aufgrund der Vielzahl möglicher Konstellationen können derzeit verbindliche Aussagen zum Versicherungsschutz im Einzelfall nur nach vorheriger Abstimmung mit dem Versicherer getroffen werden. Ergänzende Information: Der Bund hat die sogenannte „Hermes-Deckung“ für neue Lieferungen bis auf weiteres ausgesetzt. Unsere Empfehlung: Prüfen Sie auch hier die aktuellen Sanktionslisten/ Lieferketten und kommen Sie bei Fragen gern auf unsere Spezialisten zu.

Kraftfahrtversicherung:

Kfz-Haftpflicht: Schadenansprüche Dritter (Abwehr oder Befriedigung) sind vom Versicherungsschutz umfasst. Der Ausschluss für Schäden durch Kriegsereignisse gilt für den Bereich der Kfz-Kaskoversicherung samt Nebensparten (Schutzbrief / Insassenunfall/ Fahrerschutz). Kasko-Versicherungsschutz und Versicherungsschutz in den Nebensparten besteht, wenn der Schaden nicht unmittelbar durch ein Kriegsereignis verursacht wurde (z.B. ist ein Einpark-Schaden versichert).
Trotzdem raten wir von Fahrten in die Ukraine momentan dringend ab.

Sonstige Anmerkungen:

  • Flüchtende Ukrainer/-innen sind auch mit ihren – hierzulande unversicherten- Kfz auf deutschen Straßen unterwegs. Über das „Büro Grüne Karte“ besteht laut Auskunft des GDV für diese Kfz bis auf Weiteres Versicherungsschutz
    a) in der Kfz-Haftpflicht bis 7,5 Mio Euro
    b) für verursachte Sachschäden bis 1,22 Mio Euro und
    c) für Vermögensschäden bis TE 50.
  • Sollten Sie Ukraine-Flüchtlinge bei sich aufgenommen haben, so sprechen Sie uns bitte zwecks Klärung des Versicherungsschutzes Ihrer „Privathaftpflicht“ an. Einige Versicherer halten hierfür temporäre, kostenfreie Lösungen bereit.
  • Auch die Preise für Edelmetalle etc. sind stark gestiegen. Bitte prüfen Sie, ob eine Erhöhung der Position „Wertsachen“ z. B. in Ihrer Hausratversicherung notwendig ist.
  • Sofern Sie sich ehrenamtlich als Flüchtlingshelfer engagieren, sind in den FAQ des GDV ebenfalls die wichtigsten Fragen rund um ihren (privaten) Versicherungsschutz zusammengefasst.

Die Situation in der Ukraine verändert sich täglich und erschüttert uns sehr, laufend gibt es neue Entwicklungen. Die vorgenannten Anmerkungen erheben deshalb keinen Anspruch auf Vollständigkeit, endgültige Aussagen zum Versicherungsschutz können nicht getätigt werden.

Schnitger Versicherungsmakler GmbH
Bahnhofstraße 4
26122 Oldenburg